Nikola Knörr
Allgemein: Das Theaterstück Der Besuch der alten Dame des Schweizer Dramatikers und Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt ist eine Tragikomödie in drei Akten. Die Erstaufführung fand am 29. Januar 1956 im Zürcher Schauspielhaus statt, im selben Jahr erschien der Text in Buchform.
Inhalt: Die amerikanische Multimillionärin Claire Zachanassian (ursprünglich Kläri Wäscher) kehrt in ihr Heimatdorf Güllen zurück, um Rache zu nehmen. Denn vor vielen Jahren ist sie vertrieben worden, weil sie mit von Ill schwanger geworden ist. Er ist ihr Geliebter gewesen und hat zwei Zeugen bestochen, die vor Gericht beschwören sollten, mit Claire auch ein Verhältnis gehabt zu haben. Jetzt ist sie zurück und bietet der Stadt eine Milliarde, wenn ihr der noch lebende Ill tot vor die Füße gelegt wird.
Meinung und Besonderheiten: Die Zeitung New York Times schrieb zum Erscheinen der Tragikomödie: „Eines der anregendsten und fesselndsten aller Stücke, die seit dem Zweiten Weltkrieg geschrieben worden sind.“ Ich muss zugeben, dass ich noch nicht allzu viele Bücher gelesen und Theaterstücke gesehen habe, aber wenn ich von diesen ausgehe, die ich gelesen bzw. gesehen habe, dann kann ich der New York Times eigentlich nur zustimmen. Das Buch ist nicht das dickste, das ich gelesen habe, und die Spannung beruhigt sich auch an einigen Stellen, dennoch gelingt es dem Stück, die Spannung über die gesamte Zeit aufrecht zu erhalten. Genau das ist, was mich so sehr fasziniert. Der Grund, warum ich mich überhaupt für dieses Buch entschieden habe, ist der, dass wir in meiner vorherigen Schule schon einmal ein Werk des Autors Friedrich Dürrenmatt besprochen haben, das mir ähnlich gut gefallen hat, so war ein Buch von diesem Schriftsteller eigentlich meine einzige Option für diesen Blog.
In meiner Freizeit lese ich nicht besonders viel. Aber auch wenn dieses Buch den wenigsten aus meinem Umfeld, die es gelesen haben, gefallen hat, so fand ich es umso besser. Man ist als Leser zuerst schockiert, wenn Frau Zachanassian ihr unmoralisches Angebot eröffnet. Sobald man aber den Hintergrund und ihre Geschichte erfährt, ist der Hass und die „Bösartigkeit“ der Figur auf einmal in gewisser Weise verständlich und man kann sich in diese Figur hineinversetzen. Das ist auch etwas, was mir sehr an der Tragikomödie gefällt: Die Figuren werden nicht einfach dahingestellt und sind beispielsweise verhasst, weil sie es eben sind, nein, es gibt Gründe für ihr Verhalten und das wird hier meiner Meinung nach gut dargestellt.
Vieles, was die Figuren sagen, regt zum Nachdenken an. „Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich sie zu meinem Bordell“ (S. 97), das ist ein Zitat von Claire Zachanassian, man kann durch diese Worte regelrecht spüren, wie schlecht es Claire gegangen sein muss, die Welt war grausam zu ihr und sie will sich nun dafür rächen. Wer auch etwas derartiges durchleben musste, weiß, wie sich das anfühlt, das Gefühl, von der Welt verstoßen worden zu sein und nicht dazuzugehören. Man empfindet dann meistens nur noch Hass und Wut und teilweise weiß man nicht mehr, was man tut, und greift zu extremen Mitteln, um seine Rache zu vollenden, so auch Claire. „Ich bin die Hölle geworden“ (S. 38), auch ein Satz von Claire und auch dieser gibt uns einen Einblick, wie es vermutlich in ihr aussieht und wie sie sich schon eine enorm lange Zeit fühlen muss. Was ich auch noch sehr interessant und bedenklich finde, ist das, was die Figur des Lehrers zu Ill im dritten Akt sagt: „Ich fühle, wie ich langsam zu einem Mörder werde“ (S. 103).
Er sagt also, dass langsam, aber sicher das Verlangen, Ill zu töten, in ihm größer wird – und das wegen Geld. Eine Milliarde ist selbstverständlich eine beachtliche Summe, aber ist es das wert, wenn man dafür einem Menschen das Leben nehmen und sein Leben lang mit so einem belasteten Gewissen weiterleben muss? Wie weit gehen Menschen für Wohlstand? Ist uns Luxus und Geld wirklich wichtiger als das Leben eines einzelnen? Man kann zu diesen Sätzen wirklich viele Überlegungen anstellen, bei einer Sache lege ich mich aber fest: Wem Geschichten zusagen, in denen es gerade auch um solche tiefgründigen Themen geht, die aber dennoch so geschrieben sind, dass man so ziemlich alles Wichtige mitbekommt, dem kann ich das Buch nur ans Herz legen. In jedem Text gibt es Stellen, die ein wenig langweilig scheinen. Ich finde aber, dass solche Stellen im Besuch der alten Dame eigentlich nicht vorkommen - schließlich geht es ja um Ills Leben. Man hat definitiv einen Vorteil, wenn man der deutschen Sprache mächtig ist und eine gute Allgemeinbildung besitzt, die Handlung verstehen wird allerdings jeder, da die Sprache zwar ein wenig anders, aber eben insgesamt relativ modern und verständlich ist.
Autor:
Name: Friedrich Dürrenmatt
Geburtsdatum/-ort: 5. Januar 1921, im Schweizer Emmental
Sterbedatum/-ort: 14. Dezember 1990, Neuenburg, CH
Studium: Philosophie, Literatur und Naturwissenschaften in Bern, nichts abgeschlossen
Ehepartnerin: Lotti Dürrenmatt (1946-1983 verheiratet), Charlotte Kerr (1984-1990 verheiratet)
Kinder: Ruth Dürrenmatt, Barbara Dürrenmatt, Peter Dürrenmatt
Auszeichnungen: New York Drama Critics‘ Circle, Award for Best Foreign Play u.a.
Bekannteste Werke: Der Besuch der alten Dame, Der Verdacht und Der Richter und sein Henker
Durchbruch: Der Besuch der alten Dame (1956)
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